Kaum ein Begriff sorgt derzeit in Vorstandsetagen so sehr für Gesprächsstoff wie der Klimatransitionsplan (CTP). Vor allem CEOs und CFOs stehen vor der Frage: Brauchen wir einen solchen Plan – und wenn ja, warum?
Die Antwort führt direkt zu einem zentralen Treiber: der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Diese hat den CTP erstmals klar definiert. Im European Sustainability Reporting Standard (ESRS) E1 wird er als „Übergangsplan für den Klimaschutz“ beschrieben, der Einblicke in bisherige, aktuelle und künftige Klimaschutzbemühungen eines Unternehmens gibt.
Spätestens seit dem im März veröffentlichten Omnibus Paper der EU-Kommission, das zentrale CSRD-Pflichten abschwächt, hat die Diskussion um die Relevanz und den richtigen Zeitpunkt für einen CTP an Fahrt aufgenommen.
In der Zusammenarbeit mit Führungsteams in Deutschland, Österreich und der Schweiz zeichnen sich dabei vor allem vier Thesen ab:
1. Ein CTP ist nicht einfach nur eine Klimastrategie.
2. Ein CTP ist auch unabhängig von der CSRD geschäftsrelevant.
3. Banken erwarten zunehmend belastbare Klimapläne.
4. Ohne Finanzexpertise bleibt jeder CTP unvollständig.
Oft wird der CTP als Synonym für eine Klimastrategie gesehen. Doch diese Gleichsetzung greift zu kurz: Ein CTP geht deutlich weiter.
Während klassische Klimastrategien meist auf das 1,5°-Ziel des Pariser Abkommens einzahlen, verknüpft ein CTP das Geschäftsmodell mit den Auswirkungen des Klimawandels. Er macht deutlich, wie resilient und zukunftsfähig ein Unternehmen ist – und setzt damit unternehmerische Stabilität in den Mittelpunkt. Insofern ist der CTP eine Art „Klimastrategie 2.0“: verbindlicher, tiefgehender und näher an der Unternehmensrealität.
Der Prozess zwingt Unternehmen, Chancen und Risiken durch den Klimawandel entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu analysieren – und daraus konkrete Maßnahmen abzuleiten. Entscheidend ist dabei die konsequente Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse.
Nicht jedes Unternehmen benötigt zwingend einen CTP. Doch gerade für Unternehmen, deren Geschäftsmodell durch Klimarisiken gefährdet ist oder die deutliche Potenziale zur Dekarbonisierung haben, ist er hochrelevant.
Warum?
Transitorische Risiken: z. B. steigende CO₂-Preise, strengere Regularien oder Energiepreissteigerungen.
Physische Risiken: z. B. Produktionsausfälle durch Extremwetter, Schäden an Standorten oder Lieferkettenprobleme.
Chancen: etwa durch Energieeffizienz, autarke Energieversorgung oder innovative klimafreundliche Produkte.
Ein Beispiel: Automobilhersteller. Ihre komplexen Lieferketten sind anfällig für Klimarisiken – gleichzeitig haben sie ein enormes Dekarbonisierungspotenzial, vom Einkauf bis zur E-Mobilität. Die Verbindung von Risiken und Chancen macht den CTP hier zu einem zentralen Steuerungsinstrument.
Im Dialog mit Banken wird klar: Nachhaltigkeit ist längst kein Nebenthema mehr. Viele Institute haben sich eigene Net-Zero-Ziele gesetzt – und wollen ihr Kreditportfolio dekarbonisieren.
Zudem sind sie durch die BaFin und die MaRisk-Novelle verpflichtet, ESG- und Klimarisiken systematisch zu bewerten. Für Unternehmen bedeutet das: Wer seinen CTP nicht selbst erarbeitet, läuft Gefahr, von der Bank extern bewertet zu werden.
Ein eigener CTP hingegen:
bildet die individuelle Unternehmensrealität besser ab,
erhöht die Transparenz über Risiken und Chancen,
und kann bessere Kreditkonditionen ermöglichen.
Ein tragfähiger CTP entsteht nur bereichsübergreifend – von Strategie und Produktion über Einkauf und Produktentwicklung bis hin zur Nachhaltigkeit.
Doch: Ohne die Finanzabteilung geht es nicht. Sie bewertet Klimarisiken finanziell, steuert die Transformation über Investitions- und Cashflow-Planungen und stellt sicher, dass Maßnahmen mit der Unternehmensplanung verzahnt sind. So wird der CTP nicht nur ein Papier, sondern ein realisierbarer Transformationsplan.
Ein CTP mag auf den ersten Blick nach zusätzlicher Bürokratie klingen. Doch das Gegenteil ist der Fall: es ist ein strategisches Instrument für langfristige Wettbewerbsfähigkeit.
Er hilft Unternehmen, Risiken zu minimieren, Chancen zu nutzen und die Transformation aktiv zu gestalten – besonders dort, wo hohe Klimarisiken oder starke Dekarbonisierungspotenziale bestehen.